Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof im Frühjahr 2019 sind Arbeitgeber:innen dazu verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit zu erfassen. Nun warten viele darauf, dass die Regierung das deutsche Gesetz überarbeitet, um beide Urteile national umzusetzen. Dennoch sind schon jetzt Eckdaten zur Zeiterfassung im Gesetz verankert.

Im September 2022 hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) das Urteil des Europäische Gerichtshof (EuGH) bekräftigt und festgestellt, dass Arbeitgeber:innen verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die gesamte Arbeitszeit der Mitarbeitenden erfasst wird. Zum aktuellen Zeitpunkt ist diese Pflicht noch nicht durchgesetzt, da sie noch nicht in nationales Gesetz überführt wurde. Das steht bisher im Arbeitszeitgesetz (ArbZG):
Zeiterfassung dient dem Arbeitsschutz
Die Erfassung der Arbeitszeit soll in erster Linie nicht den Abeitgeber:innen, sondern den Mitarbeitenden nutzen. Die Transparenz über geleistete Arbeitsstunden dient dem Schutz der Mitarbeitenden vor Überstunden und Überlastung.
§ 1 Zweck des Gesetzes
Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung soll gewährleistet werde und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten sollen verbessert werden. Ebenfalls sollen Sonntage und anerkannte Feiertage als Tage der Arbeitsruhe geschützt werden.
Höchstarbeitszeit: durchschnittlich 8, maximal 10 Stunden
Arbeitnehmer:innen dürfen bis zu 10 Stunden am Tag arbeiten - allerdings nur dann, wenn diese Überstunden in dem folgenden 6 Monaten wieder ausgeglichen werden. Die durchschnittliche Arbeitszeit darf auf 6 Monate betrachtet die 8 Stunden/ Tag nicht überschreiten.
§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer
Eine werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden darf nicht überschritten werden. Sie kann allerdings bis auf zehn Stunden verlängert werden, wenn dabei aber innerhalb von sechs Kalendermonaten eine Durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag nicht überschritten werden.
Pausen & Ruhezeiten: mindestens die gesetzlich Festgeschriebenen
Arbeitgeber:innen müssen sicherstellen, dass die gesetzlich festgelegten Pausenzeiten eingehalten werden. Pausen dürfen länger ausfallen, der Gesetzgeber schreibt jedoch mindestens 30 Minuten Pause nach 6 Stunden und insgesamt 45 Minuten Pause nach 9 Stunden Arbeitszeit vor. Als Pause gilt eine Arbeitsunterbrechung von mind. 15 Minuten.
Grundsätzlich ist eine Ruhezeit von 11 Stunden zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn einzuhalten.
Beispiel: Wer abends um 23 Uhr auf dem Sofa nochmal schnell die geschäftlichen Mails checkt, darf laut gesetzlicher Regelung am nächsten Tag frühestens um 10 Uhr beginnen zu arbeiten.
In Pflegeeinrichtungen, Landwirtschaft, Gaststätten oder ähnlichen Gewerben kann die Ruhezeit um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn innerhalb von vier Wochen eine Ruhezeit von mind. 12 Stunden eingehalten wird.
§ 4 Ruhepausen
Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
§ 5 Ruhezeit
(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
(2) Die Dauer der Ruhezeit des Absatzes 1 kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.
(3) Abweichend von Absatz 1 können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.
Höchstarbeitszeit gilt auch für Nacht- und Schichtarbeit
Auch bei Nacht- und Schichtarbeit darf die Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, allerdings nur dann, wenn diese Überstunden in ausgeglichen werden und die durchschnittliche Arbeitszeit in einem Zeitfenster von 4 Wochen die 8 Stunden/ Tag nicht überschreiten.
Arbeitgeber:innen müssen Nachtarbeitenden eine angemessene Zahl an bezahlten freien Tagen oder einen angemessenen Zuschlag auf das zustehende Bruttoentgelt gewähren.
§ 6 Nacht- und Schichtarbeit
(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.
(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.
(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn
a)nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder b)im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder c)der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann, sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.
(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.
Sonn- und Feiertagen - nur mit Ausnahmeregelung
Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Für Schichtbetriebe und Kraftfahrer:innen gelten Verschiebungszeiten von bis zu 6 bzw. 10 Stunden, sodass der Beginn bzw. das Ende vor- oder zurückverlegt werden kann. Danach muss der Betrieb allerdings für 24 Stunden ruhen.
§ 9 Sonn- und Feiertagsruhe
Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßigem Tag-Nachtschicht, können diese Tage bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden. Danach muss der Betrieb allerdings für 24 Stunden ruhen. Für Kraftfahrer gilt eine Verschiebungszeit von bis zu zehn Stunden.
§ 10 Sonn- und Feiertagsbeschäftigung
(1) Sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen abweichend von § 9 beschäftigt werden 1.in Not- und Rettungsdiensten sowie bei der Feuerwehr, 2.zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung, 3.in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, 4.in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt, 5.bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Schaustellungen, Darbietungen und anderen ähnlichen Veranstaltungen, 6.bei nichtgewerblichen Aktionen und Veranstaltungen der Kirchen, Religionsgesellschaften, Verbände, Vereine, Parteien und anderer ähnlicher Vereinigungen, 7.beim Sport und in Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen, beim Fremdenverkehr sowie in Museen und wissenschaftlichen Präsenzbibliotheken, 8.beim Rundfunk, bei der Tages- und Sportpresse, bei Nachrichtenagenturen sowie bei den der Tagesaktualität dienenden Tätigkeiten für andere Presseerzeugnisse einschließlich des Austragens, bei der Herstellung von Satz, Filmen und Druckformen für tagesaktuelle Nachrichten und Bilder, bei tagesaktuellen Aufnahmen auf Ton- und Bildträger sowie beim Transport und Kommissionieren von Presseerzeugnissen, deren Ersterscheinungstag am Montag oder am Tag nach einem Feiertag liegt, 9.bei Messen, Ausstellungen und Märkten im Sinne des Titels IV der Gewerbeordnung sowie bei Volksfesten, 10.in Verkehrsbetrieben sowie beim Transport und Kommissionieren von leichtverderblichen Waren im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung, 11.in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben, 12.in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren, 13.im Bewachungsgewerbe und bei der Bewachung von Betriebsanlagen, 14.bei der Reinigung und Instandhaltung von Betriebseinrichtungen, soweit hierdurch der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebs bedingt ist, bei der Vorbereitung der Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebs sowie bei der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen, 15.zur Verhütung des Verderbens von Naturerzeugnissen oder Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitsergebnissen sowie bei kontinuierlich durchzuführenden Forschungsarbeiten,16.zur Vermeidung einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung der Produktionseinrichtungen.
(2) Abweichend von § 9 dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen mit den Produktionsarbeiten beschäftigt werden, wenn die infolge der Unterbrechung der Produktion nach Absatz 1 Nr. 14 zulässigen Arbeiten den Einsatz von mehr Arbeitnehmern als bei durchgehender Produktion erfordern.
(3) Abweichend von § 9 dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in Bäckereien und Konditoreien für bis zu drei Stunden mit der Herstellung und dem Austragen oder Ausfahren von Konditorwaren und an diesem Tag zum Verkauf kommenden Bäckerwaren beschäftigt werden.
(4) Sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, dürfen Arbeitnehmer zur Durchführung des Eil- und Großbetragszahlungsverkehrs und des Geld-, Devisen-, Wertpapier- und Derivatehandels abweichend von § 9 Abs. 1 an den auf einen Werktag fallenden Feiertagen beschäftigt werden, die nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Feiertage sind.
Bisher müssen nur Überstunden aufgezeichnet werden
Arbeitgeber:innen sind bisher nur dazu verpflichtet, Mehrarbeit der Arbeitnehmer:innen zu erfassen. Mehrarbeit ist die Arbeitszeit, die über die gesetzlich festgelegten 8 Stunden/Tag hinausgeht.
§ 16 Aushang und Arbeitszeitnachweise
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die hinausgehende werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
Die Erfassungspflicht wird auf die gesamte Arbeitszeit erweitert
Der EuGH und das BAG haben in Urteilen festgestellt, dass eine Pflicht zur Aufzeichnung der gesamten Arbeitszeit besteht. Die Erfassung von Mehrarbeit ist also nicht mehr ausreichend. Derzeit gibt es noch kein Gesetz, das diese Erfassungspflicht erweitert.
Dennoch wird in den nächsten Monaten damit gerechnet, sodass sich Arbeit:geberinnen bereits mit dem Thema Arbeitszeiterfassung befassen sollten.
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